Schon Faust klagte: „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“. Bei Projektmanagern sind es oft sogar drei: Fachkraft, Manager und Unternehmer. Die Fachkraft, die er war bevor er Projektmanager wurde; der Manager, der er nach gängiger Projektmanagement-Lehre ist und der Unternehmer, der dem Projekt Führung, Vision und Richtung geben sollte. In der Praxis führt das dazu, dass maximal zwei Rollen wirklich gelebt werden – leider meist die zwei bequemen: Fachkraft und Manager. Auf der Strecke bleibt die Führung: „Haben uns verlaufen, kommen aber gut voran!“ (Tom deMarco)
Der Unternehmercoach Stefan Merath greift in seinem Buch Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer. Wie Sie und Ihr Unternehmen neue Dynamik gewinnen die auf den Unternehmsberater Micheal E. Gerber zurückgehende Unterscheidung der Rollen Fachkraft, Manager und Unternehmer auf. Er erklärt die Unterschiede anhand eines Beispiels von Steven R. Covey recht anschaulich so:
Sie befinden sich in einem Dschungel. Dann benötigen Sie Leute, die mit Ihren Macheten den Weg frei räumen – die Fachkräfte. Dann benötigen Sie Leute, die die Arbeit einteilen, so dass niemand zu sehr ermüdet, aber trotzdem alle vorwärts kommen. Diese Personen überprüfen auch, ob einzelne Fachkräfte effektiver sind und warum dies so ist. Schließlich bringen Sie den anderen die Optimierungen bei. Das sind die Manager. Und dann gibt es noch einen, der oben im Baum sitzt und herunter ruft: ‚Hört mal zu, Jungs und Mädels, wir sind im falschen Wald.‘ Das ist der Unternehmer.
Viel habe ich hier schon geschrieben über Führung statt Management und dass ich IT-Projekte für „overmanaged“ und „underled“ halte. Letztlich bin ich aber auch zu dem Schluss gekommen, dass beides, Führung und Management, seine Berechtigung und seine jeweils spezifischen Aufgaben und spezifische Ausrichtung hat: Management für Lebloses – Führung für Menschen.
Management works in the system; leadership works on the system. (Steven R. Covey)
Problematisch wird es erst dann, wenn eine einzige Person beide Rollen ausfüllen soll, also gleichzeitig managen und führen soll. In Projekten ist das leider so. Oft ist es sogar noch komplizierter: vor nicht allzu langer Zeit war der Projektmanager selbst noch Fachkraft, meist sogar eine sehr gute Fachkraft, weshalb er ja Projektmanger wurde. Es kann durchaus sein, dass der Projektmanager, um im obigen Bild zu bleiben, die Machete selbst schwingt, gleichzeitig die Arbeit einteilt und Prozesse optimiert und im Baum sitzend dafür sorgt, dass alles effektiv im richtigen Wald passiert.
Alle drei Rollen sind wichtig für das Projekt. Bei den Fachkräften ist das offensichtlich: schließlich sind sie es die die Lieferergebnisse produzieren. Auch wenn ich gelegentlich über ein Zuviel an Management klage, ohne geht es nicht. Der Manager sorgt für Effizienz, dafür dass die vorhandenen Mittel optimal eingesetzt und nicht verschwendet werden. Und der Unternehmer? Legt die Richtung und die Rahmenbedingungen fest und sorgt so dafür, dass im richtigen Wald gehackt wird.
Leider sind aber die Aufgaben der drei Rollen nicht gleich dringend. Deshalb findet man oft Projektmanager die selbst als Fachkräfte mitarbeiten und in der übrigen Zeit ihren Aufgaben als Manager noch irgendwie gerecht zu werden versuchen: planen, optimieren und kontrollieren. Die Aufgaben als Unternehmer, die Führungsaufgaben, werden vergessen. Um dann am Ende festzustellen, dass man leider hocheffizient in die falsche Richtung gelaufen ist.
There is nothing so useless as doing efficiently that which should not be done at all. (Peter F. Drucker)
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Das Artikelbild wurde von Jose Roberto V Moraes unter dem Titel „Rain Forest“ auf Flickr veröffentlicht (Bestimmte Rechte vorbehalten).